Warum macht eine intensive Beschneiung am Grünten auch aus meteorologischer Sicht keinen Sinn?
Dieser Artikel hat nicht zum Ziel, hämisch über die aktuellen Verhältnisse herzuziehen. Diese sind wie immer eine Momentaufnahme, genauso gut könnte heute in Kranzegg ein Meter Pulverschnee liegen. Dennoch möchten wir den bisherigen Winterverlauf gerne zum Anlass nehmen, grundsätzliche Gedanken zur Schneesicherheit am Grünten zu machen.
Wenn wir als „Gegner“ argumentieren, in dieser Höhenlage würde Beschneiung keinen Sinn mehr machen, so kommt stets die Antwort: "Quatsch, die Höhe allein macht es nicht aus, der Grünten ist ein reiner Nordhang. Hier bleibt der Schnee besonders lange liegen." Wie so oft ist diese Aussage nicht ganz falsch, aber eben auch nicht die ganze Wahrheit. Die nächsten Tage wird eine höhenmilde Hochdrucklage unser Wetter bestimmen. Am Grüntengipfel wird es bis zu 10 Grad haben, den Schnee am Berglift wird das aber nicht stören. Warum? Die Luft ist trocken, und die Sonne schafft es Ende Dezember nicht über den Kamm und kann in dieser Exposition also auch nix wegtauen. Stimmt es also doch? Ist der Grünten ein Berg, an dem die Uhren anders ticken?
Schaut man sich die derzeitige (30.12.19) Schneelage im Allgäu allgemein an, so fällt folgendes auf:
Toll ist die Lage auch in den anderen Skigebieten nicht wirklich, und Skibetrieb ist fast nur da möglich, wo künstlich nachgeholfen wurde. Dennoch gibt es Unterschiede:
Während der Grünten bis auf eine Seehöhe von 1.200 m schneefrei ist, findet man in Riezlern (1.100m) im Ort eine Schneedecke. Ebenso in Balderschwang, dort sind auf ca. 1.000m ca. 15 Kilometer Langlaufloipen gespurt. Sogar an der Hörnerbahn-Talstation in Bosterlang fand sich in diesen Tagen auf 900m eine dünne Schneedecke. Man sieht also: Irgendwas passt da dann doch nicht….
Den Unterschied machte wieder einmal die an den Weihnachtstagen vorherrschende West-Lage. Früher bestimmten diese Lagen oft den Sommer, weshalb sich viele sicher noch an die verregneten Sommer der 70er und frühen 80er erinnern können, die Rudi Carrell zu seinem größten Hit verhalfen. Im Sommerhalbjahr ist diese Wetterlage eher rar geworden, dafür sucht sie uns im Winter immer häufiger auf. Wer es nicht glaubt, schaut unter www.winterchronik.de nach. Diese Lagen waren in den vergangenen Jahren oft das Zünglein an der Waage, denn Westwetter frisst den Schnee am Grünten immer gnadenlos weg. Anders als in vom Westwind geschützten Tälern (Hintersteiner Tal, Walsertal, Oberstorfer Täler), wo der Wind erstens nicht hinkommt und durch Staueffekte und Niederschlagsintensivierung die Schneefallgrenze oft bis in Tallagen sinkt, kann der Westwind am Grünten voll angreifen. Deshalb schiebt sich die Schneefallgrenze rasch nach oben und der Wind führt immer neue, feuchte Luft nach, die am Schnee knabbern kann. Der Schnee, der oben ab 1.300 Meter dennoch fällt, wird meistens stark verblasen und trägt damit auch nicht zur Verbesserung der Verhältnisse bei. Das Resultat lässt sich heute beobachten. Während im Grasgehrener Skigebiet Schneemangel vorerst kein Thema mehr sein wird, musste am Grünten Gipfellift (bei gleicher Höhenlage) alles verfügbare an Schnee zusammengekrazt werden, um eine Piste hinzubekommen.
Welche Schlüsse können aus dem Gesagten also gezogen werden? Wir glauben, der Satzanfang „Um unseren Gästen an Weihnachten sicher Skibetrieb anbieten zu können….“ sollte noch einmal überdacht werden. Denn eine Schneegarantie wird an diesem Berg immer schwieriger zu geben sein. Auch der Begriff „Vertretbarer Aufwand“, wenn es um die Beschneiung geht, müsste konkretisiert werden. Gestern morgen brüllten mehr als 10 Kanonen auf begrenztem Raum. Ist das „vertretbar“, und wie viele müssten dann gleichzeitig laufen, um das ganze Gebiet einzuschneien? 30? 40? Wenn man den Umstand mitbedenkt, dass in dieser Höhenlage bei Inversionslagen (wie die, die jetzt kommt) nicht beschneit werden kann, käme sicherlich so eine Zahl heraus. Ist das noch vertretbar? Oder andersrum gefragt: Ab wann wäre es denn nicht mehr „vertretbar“?
Führt der fehlende Skibetrieb am Grünten zu einer Verschlechterung der dörflichen Strukturen?
Kranzegger klagen, dass in den letzten Jahren immer mehr Hotels, Gaststätten oder Metzgereien vor Ort geschlossen hätten. Hier entsteht der Eindruck, dass der fehlende Skibetrieb Schuld daran sein soll, dass wichtige dörfliche Strukturen im Laufe der Zeit verschwunden sind. Dies sind aber bei weitem keine Probleme, die auf die Schließung des Liftbetriebs zurückzuführen sind. In ganz Bayern kommt es leider zum "Wirtshaussterben". Die Gründe liegen aber u.a. am Fachkräftemangel und der Bürokratie - der Freistaat versucht mit einem Förderprogramm gegenzusteuern. Wie manche Ortsansässige bereits selbst anmerken: das Schließen diverser Bäcker, Metzgereien & Co ging bereits während dem Skibetrieb los - warum sollte nun die Grünten BergWelt bei gleichbleibendem Tourismuskonzept in der Region daran was ändern? Diese Probleme sind doch überregional ebenfalls vorhanden - die Gründe sind vielschichtig. Sei es die nachfolgende Generation der Betreiber der lokalen Betriebe, die schlichtweg was anderes machen wollten, der Fachkräftemangel z.B. in den Bereichen Metzgerei und Bächerei oder die immer größer werdenden Supermarktketten mit ihren günstigeren Angeboten.
Geht der Skizirkus- und Rollglidertourist, der für einen Tag anreist, zum lokalen Metzger und kauft sich dort einen Fleischsalat? Der Skitourengeher und Schneeschuhwanderer macht das wahrscheinlich auch nicht, also muss doch die Frage sein, wie generiere ich Qualtitätstourismus, der u.a. daran gemessen werden kann, wie hoch die Übernachtungsdauer ist. Rettenberg wird zum "Brauerei- und Bierdorf" und folgt dem "Food-/Lokale Produktetrend" im Tourismussektor. Passt hierzu nicht ein sanftes Angebot am Grünten, welches auf Entschleunigung setzt, viel besser?
Mit Sicherheit kein leichtes Unterfangen, die Schienen für die Zukunft richtig zu legen, doch zu glauben, dass das Investement der Familie Hagenauer die o.g. Probleme löst, ist in unsere Augen naiv.
Kamen die Teilnehmer der Demonstration "Rote Linie" vor allem von auswärts?
Zuallererst muss festgestellt werden, dass noch keine Bauanträge gestellt wurden. Dies liegt v.a. daran, dass sich gerade einige einheimische Älpler und Grundstückseigentümer gegen das Projekt und den Investoren stellen und sich weigern, den Grunddienstbarkeitsvertrag zu unterzeichnen. Dies und die Aussage von Adrian Gioja (s. Sendung "Jetzt red i" vom 20. November 2019) zeigt ganz klar, dass das Projekt auch vor Ort mit massivem Gegenwind zu kämpfen hat. Diese Familien zu unterstützen, um gegen den Druck der Befürworter zu bestehen, ist eine wichtige Aufgabe für uns alle.
Wenn Befürworter versichern, dass viele Auswärtige demonstriert hätten, handelt es sich dabei um eine gezielte Streuung von Fehlinformationen, um verstärkt in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass Menschen vor Ort fast allesamt für das Projekt sind und nur Auswärtige sich dazu veranlasst sehen, sich kritisch zu äußern. Existieren Fotos, die belegen, dass nicht ein Hauptteil der Demonstranten aus dem Landkreis OA oder aus KE stammen? Gibt es von Seiten der Gemeinde Rettenberg eine sachliche Umfrage, die ein Stimmungsbild der Einwohner von Rettenberg und Kranzegg wiedergibt? Wer müsste bei solch einer Umfrage alles befragt werden? Bei Bedarf können wir wenigstens gerne Fotos vom Parkplatz zukommen lassen, auf denen immer wieder die o.g. Kennzeichen zu erkennen sind.
Bei Aussagen der Befürworter zu diesem Thema schwingt die Denkweise mit, dass nur ein bestimmter Kreis an Menschen seine Meinung zum Grünten kund tun darf. Um diese Einschätzung zu bewerten, bedarf es einer vielschichtigen Betrachtung. Die Grundfrage dabei lautet: Wer darf sich äußern, wer darf aktiv demonstrieren? Sind es nur die Menschen, die in Kranzegg oder Rettenberg wohnen? Sind es auch Menschen aus den anliegenden Gemeinden wie Wertach oder Sulzberg, die ja ebenfalls mit dem steigenden Verkehr belastet werden? Sind es all die Menschen, die mithilfe ihrer Steuern das Projekt mitfinanzieren (10 Millionen vom bayer. Steuerzahler)? Sind es diejenigen, die in Zeiten des Klimawandels "Nein" sagen zu einem Winterbetrieb am Grünten? Darf man sich im Umkehrschluss also auch nicht gegen die Abholzung am Regenwald stark machen, weil man ja schließlich nicht da wohnt? Und ja, selbst wenn Menschen von "außerhalb" demonstrieren, gemeinsam mit "Einheimischen", muss dies doch ernst genommen werden - immerhin ist das doch der Kunde, der in Zukunft das Geld in der Region lassen soll.
Stellt die Bürgerinitiative "Rettet den Grünten" den Tourismus im Allgäu pauschal in Frage?
Vieles was Befürworter zu diesem Thema sagem, deckt sich mit unserer Meinung. Auch wir sagen, Besucherströme müssen gelenkt werden und der Tourismus stellt eine wichtige Säule in der Region dar. Ebenfalls sind wir der Meinung, dass den Gästen eine möglichst breite Palette an Angeboten präsentiert werden muss (Wanderung, Action, Entspannung). Hier sind wir aber bereits mit diversen Gondelbahnen, Sommerrodelbahnen, Erlebnisbädern oder Ganzjahresbetrieben am Berg sehr gut aufgestellt - die vorhandenen Strukturen sind vorhanden.
Allerdings zeugt die Aussage mancher Befürworter, dass der Tourismus von uns in Frage gestellt wird, davon, dass uns bisher wohl nicht genau genug zugehört wurde. Wir wollen den Tourismus nicht unterbinden, wir wollen nur eine andere Art/Form des Tourismus, den sich die Investoren wohl nicht vorstellen können. Warum nicht der Vision folgen, dass der "Wächter des Allgäus" mit seiner prominenten geografischen Lage als Vorzeigeobjekt präsentiert wird und mit seinem sanften Tourismus zur Entschleunigung ins Allgäu einlädt. Wer dann im Verlauf seines Urlaubs Action oder Pistenangebote sucht, findet auf engstem Raum diverse Möglichkeiten.
Man stellt sich allerdings eine Frage: Kann sich ein Pensionsbetreiber, dem es möglich ist, 9 Ferienwohnungen zu betreiben, tatsächlich über eine durchschnittliche Belegung von 45% im Jahr beklagen? Zum Vergleich: im letzten Jahr in Oberstdorf wurde bei einer Auslastung von 43,8% aller Betriebe sehr positiv berichtet, indem betont wurde, dass dies die beste Auslastung jemals war. Wenn das Ziel die 100% Auslastung aller Betriebe ist, dann muss man auch zu 100% mit den folgenden Konsequenzen leben. Die BI denkt sich, Tourismus ist sehr wichtig, aber ab einem gewissen Grad, an dem man gut davon leben kann, reicht es dann auch - immerhin haben auch Menschen, die nicht vom Tourismus leben, ihre Sorgen.
Kann durch die Grünten BergWelt der Verkehr in Richtung Oberstdorf entlastet werden?
Auf Nachfrage beim Verkehrsplaner der Familie Hagenauer, Herr Neumann von der Modus Consult GmbH, gab dieser an, die zu erwartenden Besucherzahlen der Grünten BergWelt würden nicht zu einer spürbaren Entlastung der B19 führen. Dafür seien die Zahl der PKWs auf dem Weg nach Oberstdorf schlichtweg zu hoch. Darüber hinaus werden die Tourismuszahlen (v.a. Tagestourismus, wenn man nichts ändert) in Zukunft weiter steigen. Ohne Lenkungs-/ÖPNV-Konzepte wird somit nur an weiterer Stelle (in Rettenberg/Kranzegg/Wertach/Sulzberg & Co) im Allgäu der Verkehrsdruck weiter steigen.
Was sagen die Allgäuer zum Thema Tourismus?
"Freizeitkollaps im Oberland", "Uns stinkt's" oder "Die Grenze ist erreicht" - immer häufiger werden Zeitungsartikel verfasst, die das Thema Tourismus in den Alpen thematisieren. Auch wir verfolgen die derzeitigen Entwicklungen in diesem Bereich mit kritischen Augen. Aus unserer Sicht fördern Projekte wie die Grünten BergWelt bestimmte negative Aspekte des Tourismus (Verkehrsdruck durch Tagestourismus, Belastungen im Alltag, Verbauungen, hoher Ressourcenverbrauch, etc.) und sind daher gerade zu Zeiten des Klimawandels nicht mehr zeitgemäß.
Die Hochschule Kempten befragte in einer aktuellen Studie 1854 Einheimische zum Thema Overtourism im Allgäu. Die Ergebnisse lassen sich hier (PDF Bedeutung und Entwicklung des Tourismus im Allgäu) finden.
Interessante Fakten:
- über 13 Millionen Übernachtungen (davon 46,3% im Oberallgäu)
- ca. 3 Millionen Euro Umsatz aus dem Tourismus
- Ankünfte/Übernachtungen stetig gestiegen; Tagestourismus steigt stark an
- größte Umsätze durch gewerbliche Betriebe (>10 Betten, kein Camping) mit 50,7% und Umsätze durch Tagesreisen mit 34,9% von insgesamt ca. 3 Millionen Umsätze
- Nachweisbar positive ökonomische Aspekte (z.B. Einkommenseffekte, Erhöhung Freizeitwert, aber auch steigende Mietpreise, etc.), aber negative ökologische und soziale Aspekte des Tourismus (hohe Verkehrsbelastung, Landschaftsverbrauch, Luftverschmutzung, sinkende Lebensqualität durch Folgewirkungen des Tourismus, etc.)
Ergebnisse der Umfrage (die unsere Kritik am BergWelt-Projekt rechtfertigen):
- fast 50% gegen mehr Tourismus
- fast 50% "Es ist gut, wie es ist"
- 25% aus dem Landkreis Oberallgäu sagen, dass das Allgäu in Zukunft weniger Touristen braucht
- Tourismusausrichtung: über 90% sagen, die touristische Entwicklung sollte in Richtung "sanfter", naturverträglicher Tourismus gehen / über 63% erwarten einen Fokus auf mehr Qualität/hochwertigere Angebote
- Wunsch danach, dass die einheimische Bevölkerung verstärkt bei touristischer Weiterentwicklung miteinbezogen wird
- über 87% stimmen der Aussage zu, dass das Allgäu den Tourismus braucht (aber eben qualitativer, sanfter, naturverträglicher Tourismus)
- Top 3 Störsituationen durch Tourismus: Straßenverkehr, Parkplatzsuche und beim Skifahren
- ca. 60% geben an, dass es im Allgäu eine Belastung durch Touristen gibt
Fazit:
Der Tourismus im Allgäu hat sicherlich viele Arbeitsplätze geschaffen, dafür gesorgt, dass Infrastrukturen optimiert wurden und stellt für viele ein finanzielles Standbein dar. Nichtsdestotrotz ist eine Grenze erreicht, die erfordert, in Zukunft v.a. in den Bereichen Verkehrswende und Tourismuslenkung aktiv zu werden. Dem Wunsch der Einheimischen nach Beteiligung bei wichtigen Entscheidungen und dem Willen, den Tourismus qualtitativ hochwertiger, nachhaltiger, sanfter und naturverträglicher zu gestalten, sollte Rechnung getragen werden. Die geplanten Maßnahmen am Grünten widersprechen aus unserer Sicht diesen Zielsetzungen, da insbesondere der Tagestourismus gefördert wird und das Projekt in keinster Weise als sanft oder naturverträglich angesehen werden kann. Darüber hinaus muss von Seiten der Politik ein eindeutiges Zeichen kommen, den ÖPNV zu stärken und Steuergelder, die für den Bau von Seilbahnen und Beschneiungsanlagen benutzt werden, an anderer, wichtigerer, Stelle einzusetzen.
Muss der Tourismus in Rettenberg bzw. im Allgäu wiederbelebt werden?
Diese Frage lässt sich leicht verneinen, wenn man z.B. an den Staus auf der B19 oder am Allgäudreieck denkt. Es wird nicht zu leugnen sein, dass viele Urlauber diese Straßen nutzen, um in die Region Allgäu zu kommen. Darüber hinaus ist immer wieder von neuen Rekordzahlen bzgl. der Übernachtungszahlen zu lesen (hierzu ein interessanter Link des offiziellen Allgäuer Presseportals). Die Rekordbilanz von 2017 mit fast 13 Millionen Übernachtungen spricht Bände. Negative Seiten dieser Entwicklung stellt die Augsburger Zeitung gut dar (Link). Darüber hinaus sprechen auch die Tourismuszahlen der Gemeinden Rettenberg oder Sulzberg eine eindeutige Sprache. Seit Schließung der Grüntenlifte stiegen die Übernachtungszahlen in Sulzberg und in Rettenberg - auch ohne besondere Rollglideranlage, etc. Das Tourismusbüro Rettenberg gibt sogar bekannt, dass es in den Wintermonaten des letzten Jahres weniger Neueintritte gab bei steigenden Übernachtungszahlen. Dies ist ein klares Zeichen von Qualitätstourismus! Es drängt sich der Gedanke auf, dass einfach nur das Motto "Immer mehr!" vorherrscht und einige den wirtschaftlichen Profit über alles andere stellen.
Einen Ausblick auf die negativen Folgen von "Overtourism" zeigen folgende Videos/Artikel:
- Alpen abgezockt
- Der Umbau der Alpen
- Kristian Rath: Wieviel Tourismus verträgt unsere Region?
Weitere Quellen zu Tourismuszahlen der Region:
- Tourismusbericht Rettenberg 2018
Kann die Errichtung einer Rollglideranlage naturverträglichlich sein?
Wie kann man ein Projekt als nachhaltig, umweltschonend und naturverträglich bewerben, und gleichzeitig solch ein "Fahrgeschäft" anbieten? Der Begriff "Walderlebnisbahn" grenzt fast schon an blanken Hohn. Wie kann ich beim rasanten Hinabgleiten den Wald erleben? Ginge dies nicht viel besser bei einem Spaziergang auf einem Waldlehrpfad oder ähnlichem? Was wollen wir unseren Kindern vermitteln? Den bewussten Umgang mit der Natur schärfen (in der heutigen Zeit wichtiger denn je) oder ihnen ein weiteres kurzweiliges Abenteuer bieten, welches auch in jedem anderen beliebigen Freizeitpark stehen könnte? Spiel, Spaß und Action gibt es bereits an diversen Stellen im Allgäu zu erleben, warum auch noch hier am Grünten? Die Investoren betonen immer wieder, dass die Bahn mit mitwachsenden Manschetten an bestehenden Bäumen befestigt wird. Löblich! Aber auf die unzähligen Meter an Drahtseilen, die gespannt oder die Stahlstützen, die errichtet werden müssen, wird in der Öffentlichkeit wenig hingewiesen. Wir sind gespannt, wo zum Ausgleich der ca. 257 gefällten Bäume, ein neuer Baumbestand gepflanzt wird. Kindern bringt man bei, dass im Wald nicht laut gerufen wird und man sich ruhig verhält. Was machen wir Erwachsene? Bauen eine Spaßbahn, an der man schreiend durch diesen hinabfährt...
Macht es Sinn, das Projekt aus arbeitsmarktpolitischer Sicht zu befürworten?
Ruft man den folgenden Link auf, so erfährt man, dass im Allgäu derzeit Vollbeschäftigung herrscht, d.h. in der Region liegt kein Mangel an Arbeitsplätzen vor. Welche hochwertigen Jobs, die für die Versorgung einer Familie ausreichen, würden denn bei Realisierung des Projekts geschaffen werden? So gut wie keine, denn den Löwenanteil machen Stellen wie Kassierer, Liftmitarbeiter oder Servicekraft aus. Leider zeigt sich, dass für diese Art von Arbeit bereits jetzt Arbeitskräftemangel vorliegt. Viele Menschen aus dem Ausland übernehmen diese Tätigkeiten, können sich aber gleichzeitig die teuren Mieten vor Ort nicht mehr leisten. Selbst Familie Hagenauer sucht derzeit nach Liftpersonal, Gastromitarbeitern und Kassierer/innen für ihre Alpsee Bergwelt (Link). Die Schaffung qualitativ hochwertiger Berufsfelder für unsere nachfolgenden Generationen sieht anders aus! Auch Branchen, wie Handwerksbetriebe oder andere Dienstleister, sind mit Sicherheit nicht davon abhängig, ob eine Grünten Bergwelt entsteht oder nicht. Die derzeitige Auftragslage spricht Bände und sieht man sich die Tourismuszahlen Rettenbergs an, kann von keiner Not gesprochen werden!
Interessante Infos zum Fachkräftemangel im Allgäu (Bereich Gastronomie) lassen sich hier finden.
Warum wollen die Investoren noch diesen Winter den Betrieb mit den "alten" Anlagen aufnehmen?
Nach außen hin wird es so dargestellt, als ob die schnelle Inbetriebnahme aus Heimatliebe und Verbundenheit zur Gemeinde Rettenberg geschieht, in Wahrheit werden aber auch hier erneut finanzielle Motive eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Wenn die Lifte 2019 nicht in Betrieb genommen werden, verfällt die derzeitige geltende Grunddienstbarkeit (s. Statement Richard Schalber) und wichtig ist noch zu betonen, dass die Richtlinien zur Seilbahnförderung durch den Freistaat Bayern am 31.12.2019 auslaufen. An dieser Stelle muss man deutlich darauf hinweisen, dass somit durch unsere Steuergelder ein solches Projekt unterstützt wird. Außerdem ist es äußerst irritierend, wenn der derzeitige bayerische Ministerpräsident, Herr Markus Söder, sich den Klimaschutz mehr als nur auf die Fahne schreibt (Sommerinterview 2019), und ein Landrat derselben Partei einen solchen Eingriff (Schlagwort Beschneiung) in unsere Natur befürwortet.
Ist die Umsetzung des Projekts naturverträglich?
Wir finden nicht, oder inwiefern kann man die Abholzung von mehr als 400 Bäumen, die Versiegelung von Böden durch weitere Parkplatzflächen, das Angebot eines freizeitparkähnlichen Fahrgeschäfts oder den vielfachen Eingriff in die Natur (durch z.B. Errichtung von Entsorgungsleitungen, Stahlstützen für die Rollglideranlage oder vielen neuen Schneischächten sowie intensive künstliche Beschneiung) als naturverträglich ansehen? Positiv ist natürlich, dass alte Liftanlagen abgebaut oder modernisiert werden, aber ein kompletter Rückbau und eine Verschiebung hin zum sanften Tourismus wären gerade in den Zeiten des Klimawandels mehr als nur angebracht. Dass Tourismus auch ohne Aufstiegshilfen oder anderweitiger Eventstrukturen funktionieren kann, zeigen die sog. Bergsteigerdörfer. Diese verfolgen eine gänzlich andere Philosophie:
- Genuss auf hohem Niveau
- Bewegung aus eigener Kraft
- Anregung ohne Hektik
- Belebtheit ohne Lärm
Ein weiteres positives Beispiel stellt der Dobratsch bei Villach dar (Bergauf-Bergab Doku).
Ist die Umsetzung des Projekts nachhaltig?
Auch hier kann wieder schnell mit einem klaren Nein geantwortet werden. In Zeiten steigender Temperaturen und dem klimatischen Wandel kann u.a. eine Investition in einer solchen Größenordnung in den Winterbetrieb am Grünten nicht sinnvoll sein. Für einige Jahre Skispaß greift man hochgradig intensiv in die Natur ein, im Anschluss werden die Bauten für lange Zeit das Landschaftsbild negativ prägen. Es lässt sich nicht leugnen, dass bei der geografischen Lage des Grüntens mittel- bis langfristig sich ein Betrieb nur unter enormer Zuhilfenahme von Beschneiungsanlagen sicherstellen lässt (Vgl. Schneesituation Zukunft Bayern). Dies ist nicht nur kostenintensiv, sondern auch wenig nachhaltig gedacht (negative Folgen von Schneekanonen). Warum nicht an dieser Stelle den Schritt wagen, die Region rund um den Grünten so zu gestalten, dass diese in Zukunft für all diejenigen interessant ist, die Ruhe, Entschleunigung und Natürlichkeit suchen. Da im nahen Umfeld bereits sehr viele Berge durch Bahnen erschlossen sind und es dort auch unzählige künstliche Erlebnisangebote gibt, könnte man eine Art Alleinstellungsmerkmal schaffen.
Wichtig zu wissen - Familie Hagenauer hat zugesichert, bei Scheitern des Projekts für den Abbau der Altanlagen zu sorgen.
Entsteht die Grünten Bergwelt in einem Naturschutzgebiet?
Im Vergleich zu vielen anderen Themengebieten nehmen es die Befürworter hier ganz genau. Kennen Sie den Sinn der Unterscheidung von Naturschutzgebiet und Landschaftsschutzgebiet (LSG)? Gibt es kein Wechselspiel zwischen intakter Natur und schöner Landschaft?
Das gesamte Grüntengebiet befindet sich in einem LSG. In unseren Augen klingt es wie blanker Hohn, wenn von Befürworterseite davon gesprochen wird, dass es sich ja "lediglich um eine deutlich geringere Schutzkategorie" handelt. Wird hier der Begriff "Schutz" nicht völlig fehlinterpretiert? Nur weil man Fehler in der Vergangenheit begangen hat, heißt dies nicht, dass man in Zukunft nicht klüger handeln kann. Ja, der Grünten weist bereits jetzt diverse Bauobjekte auf, die das Landschaftssbild negativ beeinflussen, aber ist dies die Rechtfertigung, noch mehr Ungetüme wie eine Gondelbahn oder eine Rollglideranlage zu errichten?
Sieht man sich die dazu gehörende Website des Landkreises Oberallgäu an, dessen Landrat ja bekanntlich das Projekt befürwortet, fällt folgendes Verbot auf, das für ein LSG gilt:
"In diesem Schutzgebiet ist es verboten, Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, die Landschaft zu verunstalten, die Natur zu schädigen oder den Naturgenuss zu beeinträchtigen."
Wie kann der Landrat also solch ein Bauprojekt befürworten?
Projektbefürworter betonen korrekterweise, dass "nur" der Gipfelbereich des Grünten Teil eines nach europäischer Fauna Flora Habitat Richtlinie ausgewiesenen FFH-Gebiets ist. Direkt hier angrenzend befände sich der bisherige Gipfellift, der jedoch im neuen Konzept ersatzlos beseitigt werden würde. Die neuen Stationen lägen weit entfernt vom FFH-Gebiet und Bereichen der Schutzzone C des Bayerischen Alpenplans (aber inmitten des Landschaftsschutzgebiets).
Nun fragen wir uns, wie es wohl einem solchen FFH-Gebiet ergehen muss, wenn von den im Sommer täglich bis zu 2000 erwarteten Besuchern eine doch beträchtliche Anzahl auf dem eigens dafür hergerichteten Weg sich in Richtung Gipfel begeben wird.
Wie sind die Statements von wichtigen Projektbefürwortern zu bewerten?
Zu unserem Kernthema Umweltschutz/
Klimawandel gibt es folgende Aussage:
"[...]ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir macht der Gedanke, eine der letzten Generationen der Menschheit auf unserem Planeten zu sein, Angst. Wenn wir es nicht schleunigst schaffen, in unserem täglichen Handeln umzudenken, wird es sehr schwer, den Klimawandel aufzuhalten bzw. zu ver-
langsamen. Dieses Umdenken wird natürlich auch mit ganz individuellem Verzicht einhergehen, doch wenn das Ziel der Erhalt des Lebens auf der Erde ist, verzichte ich persönlich gerne. Zumal wir im Allgäu einen ganz besonders schützenswerten Schatz vor unserer Nase haben – unsere einzigartig schöne Natur.
Die „fridays for future-Bewegung“ hat, zum Glück, sehr viel Aufmerksamkeit auf das Thema Klimawandel gelenkt und somit sicherlich auch die Europawahl stark beeinflusst, aber die Millionen von Jugendlichen wurden fatalerweise von vielen
Politikern nicht ernst genommen. Doch um die Zukunft dieser Jugendlichen geht es und genau deshalb kann ein politisches „weiter wie bisher“ ganz sicher nicht die richtige Antwort sein."
Diese doch recht nachdenklich stimmenden Worte stammen von niemand anderem als Niklas Zötler, Juniorchef der Brauerei Zötler. Die Brauerei, die in erster Reihe steht, wenn es um die Befürwortung des Projekts am Grünten geht. Die Brauerei, die maßgeblich an der Meinungsbildung in Rettenberg beteiligt ist.
Wie ist das zu erklären? Wie verrückt und widersprüchlich kann man sich in der Öffentlichkeit präsentieren? Wie offensichtlich kann man sich auf der einen Seite aus marketingtechnischen Gründen den Umweltschutz auf die Firmenfahne schreiben, und gleichzeitig seine eigenen Vorteile in Bezug auf Verkaufszahlen über alles andere stellen? Wie viel deutlicher kann man dem Thema "Klimawandel" noch mit blankem Hohn gegenübertreten? Das Highlight dieses Zitats ist aber dann doch die Erwähnung von FridaysforFuture und dem "fatalen" Fehler der Politik, diese nächste junge Generation nicht ernst zu nehmen. Wir fragen uns - hat sich Herr Anton Klotz, Landrat des Landkreises Oberallgäu, bisher auch nur einmal zur aktuellen Kritik bzw. Petition konkret geäußert? Nein, denn er macht genau den Fehler, den ironischerweise Niklas Zötler in seinen Worten anprangert. Wie traurig ist diese Welt?
Quelle: https://www.zoetler.de/zoetlerpost.html
Wie sind die Verkehrsprognosen seitens der Investoren zu bewerten?
Wie bezeichnend, dass Herr Hagenauer auf die Frage, wie sich die Verkehrszahlen seiner Präsentation rechnen, keine eigene Antwort liefert, sondern nur auf die Firma verweist, die diese Statistiken bzw. Prognosen erhoben haben (Modus Consult GmbH Ulm, Prof. Dipl. Naumann). Sollte der Initiator des Projekts, der Planer des gesamten Konzepts, nicht auf solch wichtige Fragen sofort eine Antwort wissen?
Wir fragen uns vor allem eines - wenn Herr Hagenauer so offen und ehrlich wie nur irgendwie möglich der Öffentlichkeit sein Investment schmackhaft machen will, wieso hat er es dann nötig, die Verkehrszahlen "aufhübschen" zu lassen? Wieso gibt er beim Worst-case Szenario, wenn es um den möglichen Verkehr geht, eine PKW-Zahl pro 24h an? Wieso nicht eine Zahl, die auf den ungefähren Zeitraum rund um die Betriebszeiten abgestimmt ist? Weshalb wird nicht der normale Verkehr zu dieser dazu gerechnet?
Wenn selbst die Initiative Zukunft Rettenberg seit Jahren für eine Umgehungsstraße plädiert (d.h. es liegt bereits enormer Verkehrsdruck vor), wie kann man dann noch allen Ernstes ein solches Projekt befürworten, dass definitiv noch mehr Individualverkehr zur Folge hat? Fakt ist, dass z.B. an Spitzentagen nicht nur 3 Autos von Besuchern pro Minute aus Richtung Burgberg kommend durch Rettenberg fahren (laut Investoren), sondern 6! Autos pro Minute PLUS der Normalverkehr. Und dies über zehn Stunden gerechnet! D.h. zu Anreise- und Abreisestunden ist es dort nicht mehr möglich, die Straße ohne Ampel zu queren. Auch andere Ortschaften, wie etwa Sulzberg, werden die massive Verkehrszunahme deutlich zu spüren bekommen, denn Navigationssysteme zeigen einen klaren Anfahrtsweg auf, der oftmals über kleinere Dörfer führt, deren Straßen für solch eine Belastung nicht ausgelegt sind.
Wie kann man sich die "rettende" Verkehrslenkung seitens der Investoren vorstellen? Gibt es ein absolutes Novum? Werden bereits an den betreffenden Autobahnabfahrten digitale Hinweisschilder aufgestellt, auf denen zu lesen ist, ob der Parkplatz bereits wegen Überfüllung geschlossen ist? Dies scheint wohl kaum realistisch und hat zur Folge, dass weiterer Suchverkehr in Rettenberg zur Belastung wird.
Wir fordern, dass zuerst einmal die dringend notwendige Verkehrswende im Allgäu eingeleitet wird, bevor man mit Steuergeldern solch einen Wahnsinn subventioniert! Wieso soll ausgerechnet das Projekt am Grünten dazu führen, dass diese Ideen endlich Priorität bekommen? Seit Jahren ist dies Thema in unserer Region und wir zweifeln daran, dass es der richtige Weg ist, zuerst solche Verkehrsbrennpunkte zu schaffen, bevor der ÖPNV gestärkt wird!
Insgesamt entsteht ansonsten ein weiterer Tourismusmagnet, der v.a. im Sommer viele Tagesgäste anspricht. Dies hat zur Folge, dass weitere erhöhte Schadstoffausstöße gefördert werden und somit die Umsetzung der aktuellen Klimaziele unnötig gefährdet wird.
Wie stehen wir zum Thema Grünten und "Menschen mit Handicap"?
An dieser Stelle müssen wir betonen, wie schade wir es finden, dass nun Menschen mit Handicap instrumentalisiert werden, um das Bauvorhaben am Grünten zu rechtfertigen. Im breiten Alltag schien das Wort "Inklusion" bisher auf wenig Gegenliebe zu stoßen. Dennoch wollen auch wir uns zu diesem sehr wichtigen Thema äußern und Stellung beziehen.
Grundsätzlich sollen auch Menschen mit diversen Einschränkungen die Möglichkeit haben, Bergerlebnisse zu genießen. Hierzu gehört selbstverständlich eine passende Transportmöglichkeit wie etwa eine Gondel. Diese Möglichkeit des "Gipfelbesuchs" sollte dann natürlich auch in einer zumutbaren (fahrbaren) Entfernung liegen. Blicken wir doch einmal an das bereits bestehende Angebot im Allgäu:
Im Umkreis von 25 Kilometern gibt es sage und schreibe 13 Kabinenbahnen, plus 3 weitere im Kleinwalsertal. Wir finden, dass es also sehr viele Möglichkeiten gibt und dies kein Grund darstellt, eine weitere Gondelbahn am Grünten zu bauen bzw zu befürworten.
Am Grünten selbst könnte man sich folgende Alternativen vorstellen:
- Sonderfahrrecht zur Grüntenhütte (bei Sanierung an dementsprechenden Parkplatz denken und auf barrierefreie Zugänge achten)
- in Gespräche mit BR treten und eruieren, ob die bereits bestehende Gondel zum Sender für solche Zwecke genutzt werden könnte bzw. welche Sanierungsmaßnahmen hierzu notwendig sind
Zusammenfassend gibt es also diverse Angebote in unmittelbarer Nähe oder am Grünten ließen sich mit Sicherheit auch weniger aufwändige Möglichkeiten finden, um Menschen mit Handicap gerecht zu werden.
Warum erst jetzt dieser Widerstand?
Der Gedanke, warum die Reaktionen zu den damaligen Investitionspläne von Herrn Wallimann so leise ausfielen, hören wir immer wieder. Die "Stimmen" waren damals nicht so laut wie heute, weil nie der Planungsstand von heute erreicht wurde. Es wurde nie Geld überwiesen von Herrn Wallimann an die Liftgesellschaft der Familie Prinzing, somit kam es nicht zu einem Verkauf. Dieses Stadium haben wir derzeit bereits überschritten. Der Erinnerung nach, kam, beeinflusst durch die Printmedien, eher das Gefühl auf, als ob es sich um eine große "Luftnummer" handeln würde. Dies ist in der jetzigen Wahrnehmung in Bezug auf das Projekt der Familie Hagenauer definitiv anders. Diese hat bereits ganz konkrete Informationsveranstaltungen abgehalten. Wir erinnern uns nicht, dass es so etwas von Herrn Wallimann auch gab. Außerdem hat sich dann in den folgenden beiden Jahren deutlich gezeigt, wohin z.B. die Stilllegung des Winterbetriebs führen kann - nämlich zu einem sehr attraktiven Tourismusangebot am Grünten für viele aktive und sportbegeisterte Besucher. Dies war zur damaligen Zeit so noch nicht abzusehen. Wie ein Beitrag des Bayrischen Rundfunks in seiner Sendung "Bergauf Bergab" im Frühjahr 2019 eindrucksvoll zeigte, können am Grünten durch einen sanften Tourismus ebenfalls sehr viele Menschen ins Allgäu "gelockt" werden. Ganz besonders muss aber betont werden, dass damals NIE die Rede davon war, solch einen "Rummel" im Sommer anbieten zu wollen. Eine Errichtung einer Rollglideranlage o.ä. stand nie zur Debatte!
Auch die Aussage Herrn Hagenauers, der "Gegenwind" käme nun doch recht überraschend, verwirrt uns. Seitens einiger Grundstückseigentümer wurde ihm bereits vor Tätigung der Investition per Brief klar gemacht, dass diese mit ihm nicht in weitere Verhandlungen treten würden. Es war bereits abzusehen, dass eine Umsetzung des Projekts im jetzigen Rahmen schwierig werden würde. Ebenfalls wurden Pläne vorgestellt, ohne vorab das Stimmungsbild diverser Interessensgruppen einzuholen. Es entstand auf Seiten der Projektkritiker der Eindruck, einer "Hau-ruck-Aktion", die doch recht viele überraschte und negative Reaktionen hervorrief.
Wir fragen uns: Nur weil damals die Reaktion von Projektgegnern nicht so "heftig" wie jetzt ausfiel, bedeutet dies, dass jetzt sich nicht dagegen gewehrt werden darf? Hat man also mit dem damaligen Schweigen seine stille Zustimmung bzgl. sämtlicher Investitionen für immer und ewig gegeben?
Sollte am Grünten nicht mit mehr Weitblick agiert werden?
Folgt man den Ausführungen von Prof. Alfred Bauer bei seinem Vortrag an der FH am letzten Montag, werden folgende drei Aspekte bei der Auswahl des Allgäus als Urlaubsziel angegeben: Natur/Landschaft (88%), Ruhe/Erholung (80%) und Preis/Leistungsverhältnis (76%). 91,4% der Allgäuer wollen einen sanften Tourismus im Einklang mit der Natur. Dass die Wertschöpfung des Tourismus wichtig ist, steht außer Frage. Wie aber diese Wertschöpfung aussehen kann, daran werden uns unsere Kinder noch messen. Warum also nicht Pof. Bauer folgen und den Grünten zu einem Modellberg für sanften Tourismus entwickeln? Wenn die Wertschöpfung wirklich einem großen Teil der Bevölkerung zu Gute kommen soll, dann sollte die Alpgenossenschaft selbst eine große Alphütte mit Bewirtung bauen und die eigene Kultur, Tradition und Produkte vermarkten. Somit bliebe die Landschaft und Natur ohne Schneiteich, unzähligen Beschneiungsanlagen und der Rollglideranlage intakt, Ruhe wäre ohne Gaudibahn möglich und das Preis/Leistungsverhältnis bliebe in der eigenen Hand. Mit Unterstützung der Gemeinde könnte das Wegenetz saniert und mit Landkreishilfe ein nachhaltiges Verkehrskonzept mit funktionierendem ÖPNV ins Leben gerufen werden. Warum nicht einmal mit Weitblick agieren? Wir sägen an unserem eigenen Ast, wenn wir mit der fortschreitenden Verbauung fortfahren und das Bergerlebnis in Zukunft inszenieren und den Menschen vor Ort sowie den Besuchern nicht Ruhe und ein authentisches Bergerlebnis bieten.
Die Ergebnisse der Umfrage sind zu finden auf der Homepage der FH Kempten.